Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 245 (September 2007)
Juist: Dünenschutzmaßnahmen im FFH-Gebiet
Erneut in den Sand gesetzt, diesmal 1,3 Millionen Euro - Feuchte Dünentäler werden zugekippt
Sandkastenspiele auf Juist: linker Pfeil: Entnahmestelle am Billriff, rechter Pfeil: Verfüllungsstelle in den Dünen westlich vom Hammersee im Westen der Insel
Wieder einmal muss auf der Insel Juist mit Millionenbeträgen repariert werden (siehe auf unseren Seiten vom 28.08.2004: "Sandbewegung in den Juister Dünen" und Bilder weiter unten): Seit fast neunzig Jahren verändern sich die Dünen und Strände im Westen massiv. Ursache ist die Veränderung des Wattenstromes der Osterems und die veränderte Anlandung von Sandriffen vor der Insel im Westen am Billriff. Hier und an der vorgelagerten Kachelotplate (siehe auf unseren Seiten: "Die Kachelotplate: eine neue Insel?") werden große Sandmengen abgelagert, am westlichen Inselkörper dagegen wird weniger Sand angelandet, die Sandbilanz ist also für die Insel negativ. Durch fehlende Sandzufuhr nehmen die Strandtiefen ab, besonders deutlich wird dies im Bereich westlich des Hammersees.
Zwei schwere Sturmfluten im Herbst 2006 und Winter 2007 setzten der Insel weiter zu, seeseitige Randdünen brachen ab. Bereits im 17. und 18. Jahrhundert teilten Sturmfluten die Insel in zwei Hälften, diese Situation drohte nun erneut. Vorschnellen Klima-Alarmisten sei jedoch gesagt, dass die Stürme in der Deutschen Bucht keineswegs zugenommen haben und auch der Meeresspiegel der Nordsee nicht dramatisch angestiegen ist. Nach wie vor geht man an der Küste von einem bekannten nacheiszeitlichen Meresspiegelanstieg von 2,5mm bis 3mm im Jahr aus und berechnet danach beispielsweise die Deichhöhen.
Nur: Das ständige Bauen im Juister Sandkasten mit schwerem Gerät ist sicher auf Dauer keine Lösung; die Schere zwischen finanziellem Aufwand und langfristiger Schutzwirkung öffnet sich immer weiter, nicht nur auf Juist. Es wird also bereits überlegt, ob es dem Steuerzahler noch zuzumuten ist, ständig Millionenbeträge für ein Fass ohne Boden auszugeben. Mit den Dünenarbeiten werden wertvolle Inselbiotope, nämlich Riffe und feuchte Dünentäler, die als "natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen", den Schutz der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft genießen, mit öffentlichen Mitteln beeinträchtigt oder zugeschüttet und die Lebensgemeinschaften vernichtet.
Einen bemerkenswerten Vorschlag machte der Geologe des Wilhelmshavener Senckenberg-Instituts, Burghard Flemming, der den Insulaner gar nicht gefallen wird. Er schlug unlängst vor (siehe auf unseren Seiten vom Januar 2007: ""Kyrill", die gefühlte Katastrophe"), den Naturgewalten im Watt ihren Lauf zu lassen und stattdessen die Wohnbedingungen der Insulaner an die Inselbewegungen anzupassen, also in Abständen von einigen Jahrzehnten Häuser aufzugeben und an anderer Stelle neu zu bauen. Die Orte sollten sich also an die Inselverlagerungen anpassen, und nicht umgekehrt.
Bilder der menschlichen Bemühungen, im Sandtransport der Nordsee eine Rolle zu spielen:
Wir zitieren aus den Lübecker Nachrichten, online, 16. Sept. 2007:
Breitenfelder Firma rettet Nordseeinsel
Breitenfelde - Experten aus dem Lauenburgischen baggern in diesen Wochen 200 000 Kubikmeter Sand in die sturmzerzausten Dünen von Juist.
[...]
"Juist ist nur 500 Meter breit, und in den letzten Jahren gab es immer wieder große Abbrüche an den Dünen", erzählt Jörg Meyer, der zusammen mit seinem Bruder Bernd die Firma Meyer Erdbau leitet. Das 1960 gegründete Unternehmen mit derzeit 20 Mitarbeitern hat sich auf große Erdarbeiten spezialisiert und besitzt die entsprechenden Maschinen und Fahrzeuge dafür. Die Meyers sind in ganz Norddeutschland tätig, unter anderem bei der Erschließung von Industiegebieten und im Küstenschutz.
Mit dem niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) arbeitet die Firma Meyer schon seit Jahren zusammen, und als es nun um die Dünenverstärkung und damit die Rettung von Juist ging, wurde der Auftrag im Volumen von 1,3 Millionen Euro wieder nach Breitenfelde vergeben.
[...]
Die Firma Meyer rückte gleich mit zehn schweren Baggern und Muldenkippern an - mit Fahrzeugen also, die auf der ansonsten autofreien Insel Juist höchst ungewöhnlich sind. Dass die Arbeiten im Sommer erledigt werden müssen, erklärt Jörg Meyer damit, dass der Wasserstand im Winterhalbjahr zu hoch ist. Die Fahrzeuge holen den Sand aus dem flachen "Billriff", einer ausgedehnten Sandfläche ganz im Westen der Insel und kippen ihn an der dem offenen Meer zugewandten Nordseite wieder ab. Die neu aufgeschütteten Dünen werden anschließend "landschaftsgerecht gestaltet" und dann noch zur Sicherung gegen Wind mit Strandhafer bepflanzt. Niemand wird den Juister Dünen mit ihren unterschiedlichen Höhen und Böschungsneigungen später ansehen, dass sie nicht von der Natur, sondern von einem Breitenfelder Unternehmen geformt wurden.
[...]
Doch im kommenden Jahr werden die Fahrzeuge erneut per Tieflader von Breitenfelde nach Norddeich gebracht, um dann mit einer speziellen Schwerlastfähre nach Juist gebracht. Die Firma hat bereits den Auftrag für weitere Dünenverstärkungen in der Tasche. Von Norbert Dreessen, LN