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Spendenpraxis der Naturschutzverbände in der Kritik

Das Magazin "Ökotest" erhob Vorwürfe gegen einzelne Naturschutzverbände wegen der undurchsichtigen und weinig effektiven Spendenpraxis. Die Ostfriesen Zeitung in Leer griff das Thema auf und befragte dazu den Geschäftsführer des NABU-Ostfriesland, Herrn Bergmann. Warum dieer ins offene Messer lief und nicht auf seinen Landes- oder Bundegeschäftsstelle in Bonn verwies, ist sein Geheimnis.

Reiner Schopf, Mitglied des Wattenrates und Vogelwart auf der Insel Memmert, nahm zu dem Artikel in einem Leserbrief Stellung, der gekürzt gedruckt wurde.

Ostfriesen-Zeitung 01.11.2002 (S. 10)

"Spendenpraxis ist sauber"

Ostfrieslands Nabu-Chef Bergmann nimmt Stellung zur Vorwürfen gegen Umweltverbände

Von Heiner Schröder

Wiegboldsbur. Die großen Umweltverbände Nabu und Bund haben parteiähnliche Strukturen und verwenden nicht einmal die Hälfte ihrer Spenden und Mitgliedsbeiträge für den direkten Naturschutz. Schwere Vorwürfe, die das Fachmagazin "Ökotest" nach der Untersuchung von Natur- und Umweltschutzorganisationen erhob. Matthias Bergmann, Geschäftsführer des Naturschutzbunds Ostfriesland, weist in einem OZ-Interview die Vorwürfe zurück: "Unsere Spendenpraxis ist sauber und nachvollziehbar."

OZ: Woher kommt ihr Gehalt als Geschäftsführer des Naturschutzbunds Ostfriesland?

Matthias Bergmann: Ich bin über den Landesverband angestellt. Beim Landesverband werden die Angestellten über die Mitgliedsbeiträge finanziert.

OZ: Was die Zeitschrift Öko-Test herausgefunden hat, klingt nicht gut. Bei großen Umweltverbänden wie Bund und Nabu sei die Verwendung von Mitgliedsbeiträgen und Spenden nicht nachzuvollziehen, weniger als die Hälfte gehe in den direkten Naturschutz. Wie können sie das rechtfertigen?

"Alle Spenden gehen in direkte Projekte"

Bergmann: Das stimmt so nicht. Beim Landesverband gehen alle Spenden, auch Bußgelder und Erbschaften, direkt in Projekte. Bei den Kreis- und Ortsgruppen ist das nicht anders. Weil dort alle ehrenamtlich arbeiten, geht alles direkt in Projekte.

OZ: Was Öko-Test sagt, ist also falsch?

Bergmann: Ja. Beim Bundesverband kann es natürlich etwas anders sein, weil dort auch Lobby- und Informationsarbeit gemacht wird. Der Bundesverband finanziert auch weniger direkte Projekte.

OZ: Und Sie sind in Ostfriesland der einzige hauptamtlich Tätige?

Bergmann: Nein. Wir betreiben auch mit zwei Gemeinden die Nationalparkhäuser. Dort werden die Angestellten über das Land finanziert. Ich bin der einzige, der über den Landesverband angestellt ist. Alle anderen arbeiten für unsere gemeinnützige GmbH. Die Löhne werden über Einnahmen finanziert, die wir erwirtschaften.

OZ: Wo kommen die Einnahmen her?

Bergmann: Zum Beispiel aus unserem Schulbauernhof oder aus Erlösen von Aktionen wie unseren Gänsefahrten oder dem Apfeltag.

OZ: Wenn jemand etwas für den Nabu in Ostfriesland tun möchte, kann er sicher sein, dass seine Spende auch wirklich in der Region bleibt?

Bergmann: Wenn jemand beim Nabu Mitglied wird, unterstützt er unsere Arbeit auf allen Ebenen. Das ist auch wichtig, dass wir nicht wie Greenpeace nur international tätig sind, sondern national, international, regional und lokal vertreten sind. Das eine geht ohne das andere nicht.

Natürlich kann man auch themenbezogen spenden. Ich denke da an unsere Storchenpatenschaften oder den Förderverein für unseren Woldenhof.

OZ: Öko-Test wirft den großen Naturschutzverbänden wie Nabu und Bund vor, schon parteiähnliche Strukturen aufgebaut zu haben. Ist dann nicht eine Reform der Organisation notwendig?

Bergmann: Ich weiß nicht, wie das bei Parteien läuft. Aber ich meine schon, dass wir unsere Verwaltungskosten so gering wie möglich halten. Wer bei uns hauptamtlich arbeitet, arbeitet vor allem an Themen. Wir sind immer stärker bei Verfahrensfragen gefordert, ein Beispiel ist das Emssperrwerk, wo wir Stellungnahmen abgaben. Das geht nur noch hauptamtlich.

Ein Beispiel dafür, wie das funktionieren kann, ist auch unser Woldenhof: Wir haben ihn fast ausschließlich über Drittmittel finanziert. Das geht aber nur dadurch, dass hier jemand wie ich sitzt, der solche Dinge anschieben und betreuen kann. Ich meine, das ist der richtige Weg.

"Alle Hauptamtlichen sind Idealisten"

Es ist ja auch nicht so, dass wir hoch dotierte Leute haben. Unsere Hauptamtlichen sind durchweg Idealisten, die Überstunden schieben und ihr Hobby zum Beruf gemacht haben.

OZ: Ein Verband wie der Nabu wird staatlich unterstützt. Ist das ein Problem, wenn man von dem Geld bekommt, den man bei bestimmten Planungen kritisiert?

Bergmann: Staatliches Geld bekommen wir nur für die Angestellten, die in den Nationalpark-Häusern sitzen. Und wir haben eine Angestellte, die für die Verbandsbeteiligung zuständig ist und diese Sachen abarbeitet. Diese Aufgabe ist uns ja staatlich zugewiesen worden und kann deshalb auch staatlich gefördert werden.

Wir nehmen aber Geld von Stiftungen und Sponsoren, ohne dass wir dadurch erpressbar werden. Wenn die Gemeinde Südbrookmerland unseren Hof unterstützt, dann heißt das noch lange nicht, dass wir zu allen Vorhaben der Gemeinde Ja und Amen sagen. Wir behalten unsere kritische Sichtweise.

OZ: Nabu und Bund setzen Drückerkolonnen zur Mitgliederwerbung ein, heißt es. Passt so etwas zu einem engagierten Umweltverband?

Bergmann: Wir machen das mit Studenten, die in den Semesterferien von Haus zu Haus gehen. Die machen das, um sich ein bisschen was dazu zu verdienen, haben aber vor allem idealistische Motive. Das unterscheidet sich aber erheblich von den Drückerkolonnen, wie man sie vom Zeitschriftenverkauf an der Haustür kennt.Unsere Erfahrung ist, dass wir in unserer Zeit ohne solche Maßnahmen kaum neue Mitglieder gewinnen. Man muss schon auf die Leute zugehen. Wir haben damit überwiegend positive Erfahrungen gesammelt.

OZ: Auch wenn sie die Kritik von Öko-Test für die regionale und lokale Ebene zurückweisen: Muss der Nabu bei der Verwaltung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen nicht etwas transparenter werden?

Bergmann: Man muss sich immer bemühen, Geld von anderen möglichst effektiv einzusetzen. Aber ich glaube nicht, dass tief greifende Änderungen nötig sind. Unsere Spendenpraxis ist sauber und nachvollziehbar. Sie ist nur nicht so leicht fassbar wie bei einer Organisation wie Greenpeace. Die hat nur eine Ebene. Wir haben viele verschiedene Untergliederungen, die selbstständig arbeiten, eigene Vorstände und eine eigene Kassenführung haben.

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Dazu der gekürzte Leserbrief :

Undurchsichtige Angelegenheit

Ostfriesen-Zeitung 06.11.2002 (S. 13)

Zum Interview „Spendenpraxis ist sauber" mit dem Nabu-Geschäftsführer Matthias Bergmann (OZ vom 1. November) schreibt Rainer Schopf von Memmert:

Schon ein flüchtiger Blick in die Veröffentlichungen zeigt den krassen Unterschied zwischen dem, was auf dem Papier steht und der Realität. Zum Beispiel loben sich Bund, Nabu und WWF selber für ihr Engagement beim Wattenmeerschutz, während in Wirklichkeit Kompromisse zu Lasten der Natur die Haltung der Verbände bestimmen. Die angeblich saubere Praxis sieht auch so aus: Der Nabu-Landesverband ist hoch verschuldet, ein Teil der Spendengelder wird also für die Tilgung benötigt.

Herr Bergmann verschweigt, dass erhebliche Mittel aus der „Wattenmeerstiftung" stammen, mit der sich der Ölmulti Statoil die Genehmigung für die Erdgasleitung durch den Nationalpark erkaufte. Die Stiftung wird unter anderem von Minister Jüttner verwaltet. Die Abhängigkeit vom Wohlwollen der Landesregierung ist dabei ebenso wenig zu leugnen wie bei der Vergabe von Mitteln aufgrund des Verbände-Förderungsgesetzes. Das macht zahm.

Die Verbände haben aufgrund des bisher beispiellosen Stillhalteabkommens bei der Emsvertiefung vom Land die Zusage erhalten, von 1995 bis 1998 zur Verbesserung der ökologischen Situation an der Ems 7,5 Millionen Mark zu bekommen. Weitere zehn Millionen Mark sollten in den folgenden Jahren in die Niedersächsische Umweltstiftung gehen, um zweckgebunden für ökologische Verbesserungen im Ems-Dollart-Raum eingesetzt zu werden. Was ist aus den Zusagen und den Mitteln geworden? Wer verwaltet sie gegebenenfalls? Was haben die Verbände getan, damit die vereinbarten Mittel zweckgebunden fließen?

Die angebliche Transparenz entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine so trübe und undurchsichtige Angelegenheit.

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