Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 236 (August 2007)
Bernd Hoffmann: "Ich bin kein Stasi-Fall"
Nachgelegt: Bernd Hoffmann, Leitender Ministerialrat im niedersächsischen Umweltministerium: "Ich war nie Mitarbeiter der Stasi."
Noch am 07. Mai 2007 behauptete Bernd Hoffmann, Referatsgruppenleiter Naturschutz im Niedersächsischen Umweltministerium in einer Gegendarstellung in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (siehe unten), er sei "nie Mitarbeiter der Stasi" gewesen und er sei "daher kein Stasi-Fall". Dagegen spricht nun aber laut HAZ vom 16. Aug. 2007 die umfangreiche Akte der Birthler-Behörde, die seine Stasi-"Verpflichtungserklärung" beinhaltet sowie seinen Decknamen "René", den der Wattenrat recherchiert hat. Bereits 1978 warnte der damalige Niedersächsische Landwirtschaftsminister in einem Erlass vor Hoffmanns Vergangenheit und bezeichnetet ihn wegen seiner informellen MfS-Tätigkeit als "Sicherheitsrisiko" (Siehe auf unseren Seiten vom April 2007: "Umweltministerium Niedersachsen: Neuer "Leiter der Referatsgruppe Naturschutz" war informeller Mitarbeiter des MfS" und die Pressemitteilung zum Thema: "Gegen Wattenrat-Koordinator wird ermittelt".)
Der Leitende Ministerialrat, Besoldungsgruppe B3, Bernd-Karl Hoffmann hat also nicht nur in der ehemaligen DDR "die Stasi belogen", wie er sich in der HAZ rechtfertigt, er hat auch als Beamter des Umweltministeriums in Hannover öffentlich die Unwahrheit gesagt. Allein das müsste eigentlich zu Konsequenzen führen. Gegen Manfred Knake vom Wattenrat Ost-Friesland ist wegen der Causa Hoffmann ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hannover wegen "Übler Nachrede" nach § 186 Strafgesetzbuch anhängig.
Wie sagte der Herr Hoffmann doch im HAZ-Artikel: "Wir haben in der DDR das Lügen von Kindheit an gelernt." Wen meint er mit "wir"? Alle ehemaligen DDR-Bürgerinnen und Bürger, oder ganz bestimmte?
Wir zitieren aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, 07. Mai 2007:
Gegendarstellung
In der Ausgabe Nr. 93 vom 21. April 2007 schreibt die HAZ unter den Überschriften "Stasi-Fall in Regierung" und "Alter Stasi-Fall schreckt Umweltressort auf": "Die Stasi wandte sich an ihn, nötigte ihn zur Mitarbeit und ermöglichte ihm so den Wechsel in den Westen."
Diese Darstellung ist falsch. Richtig ist vielmehr:
1. Ich habe mich vor meiner Ausreise aus der DDR am 16.05.1975 nicht von der Stasi zur Mitarbeit nötigen lassen und war nie Mitarbeiter der Stasi.
2. Die Stasi hat mir nicht "so" den Wechsel in den Westen ermöglicht. Ich habe mir vielmehr meine "Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR" gegenüber den zuständigen Behörden aus eigenen Kräften selbst erkämpft, was sich aus den nunmehr seit 1990 zugänglichen Stasi-Akten urkundlich eindeutig ergibt.
3. Ich bin daher kein "Stasi-Fall".
Hannover Bernd Hoffmann
Die Redaktion ist verpflichtet, Gegendarstellungen unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt zu veröffentlichen.
16. Aug. 2007:
Ein Mann im Netz der Stasi
Wie sich ein hochgestellter Beamter des Umweltressorts gegen Verdächtigung zur Wehr setzt
Von Klaus Wallbaum
Hannover. Bei den Begriffen wird es heikel, da legt Bernd Hoffmann höchsten Wert auf Genauigkeit. Ein "Mitarbeiter der Stasi" sei er "nie gewesen", betont der 57-Jährige und begründet das so: "Ich habe nie mit denen zusammengearbeitet. Ich habe die belogen." Auf den ersten Blick erscheint das kurios, denn tatsächlich gibt es über Hoffmann eine sogenannte "IM-Akte", einen Beleg dafür, dass er als inoffizieller Mitarbeiter des DDR-Spitzeldienstes geführt worden ist. Auch einen Decknamen hatte die Stasi ihm verpasst.
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Zwei Fragen drängen sich nun auf: Was hat Hoffmann, der mittlerweile einer der führenden Beamten im Lande ist, damals wirklich in der DDR getan? Und: Was führen diejenigen im Schilde, die Hoffmanns heutigen Aufstieg verhindern wollten? Zur ersten Frage liegt eine rund 40 Seiten starke Akte vor, die eine von Hoffmann geschriebene Verpflichtungserklärung enthält und einige Berichte über Dinge, die er der Stasi erzählte. Außerdem eine sogenannte "Entpflichtungserklärung", mit der sein Kontakt zur Stasi nach elf Monaten endet. Hoffmann, der ein Vogelkundler war, sollte eine ökologische Gruppe überwachen, die bei Zwickau in der Nähe des Uranabbaus der Wismut Tiere mit Ferngläsern beobachtet hatte. Der Abschlussbericht über den IM allerdings fällt aus Sicht der Stasi ernüchternd aus: Wegen Hoffmanns Praktikums nahe Frankfurt/Oder und seines Studiums in Leipzig "konnte keine kontinuierliche Trefftätigkeit organisiert werden", heißt es im Stasi-Deutsch für den Umstand, dass sich IM und Führungsoffizier nur selten sahen: "Es erfolgte keine Orientierung und Aufgabenstellung." Der IM habe "unehrlich gegenüber dem MfS" und "eigenmächtig" gehandelt. Hoffmann liest für sich daraus ab, dass die Stasi ihm sogar bescheinigt habe, er sei gar nicht derer Mitarbeiter gewesen.
Aber Hoffmann hat sehr wohl der Stasi Beobachtungen geschildert: Wer alles zu den regelmäßigen Gästen in einem Leipziger Gasthaus zählte, welche westdeutschen Besucher bei seiner Leipziger Wirtin Unterschlupf fanden. Das waren nur wenige Berichte, und zum eigentlichen Zweck, die Zwickauer Gruppe auszuforschen, trug Hoffmann auch nicht viel bei.
"Ich habe die Stasi belogen", sagt er heute, "wir haben in der DDR das Lügen von Kindheit an gelernt." So habe er nur Unverfängliches mitgeteilt, und den Betroffenen habe er auch heimlich gesagt, dass er über sie Auskunft geben werde. "Es gab nur drei oder vier Treffen. Und ich kam nur hoffen, dass ich mit meinen Aussagen niemandem geschadet habe."
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Die andere, aus Hoffmanns Sicht noch wichtigere Frage, bleibt vorerst unbeantwortet: Wer hat mit welchen Motiven die alten Hinweise auf Hoffmann und die Stasi aus den Akten gekramt? Das Umweltministerium hat Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt, die Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft laufen noch - bisher ohne ein erkennbares Ergebnis. Tatsache ist, dass Hoffmann viele Gegner und Neider hat. Sein Minister Hans-Heinrich Sander liegt mit Naturschützern über Kreuz, und Hoffmann gilt als "Sanders Mann" - was den Fall nicht gerade erleichtert. So sehr sich radikale Naturschützer auf der einen, das Ministerium auf der anderen Seite hochschaukeln, verhärten sich auch die Fronten in der Debatte über Hoffmanns Vergangenheit. Der Leiter des Wattenrates Ostfriesland, einer eifrigen Naturschützergruppe, ist nun staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ausgesetzt - indem er über Hoffmann und die Stasi auf seiner Web-Seite berichtete, habe er aus vertraulichen Dokumenten zitiert, warf ihm die Anklagebehörde vor.