Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: EU-Kommission fordert EU-Botschafter
zur Stellungnahme zum geänderten Nationalparkgesetz auf
Esens/Brüssel. Im Januar legte der Wattenrat Ost-Friesland, ein
regionaler Zusammenschluss von Wattenmeer-Naturschützern, der EU-Kommission
in Brüssel eine 4 kg schwere detaillierte Beschwerde gegen das 2001
novellierte Gesetz zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer
vor. Der Wattenrat listete ca. 90 Einzelgebiete von Emden bis Wangerooge
auf dem Festland und den Inseln auf. Gegenstand war die Änderung
der Zonierung und die damit verbundenen Beeinträchtigung von EU-Vogelschutz-
und Flora-Fauna-Habitatgebieten (FFH) durch nun zulässige touristische
Nutzungen und bauliche Veränderungen in dem Großschutzgebiet.
In einem aktuellen Schreiben fordert die Generaldirektion Umwelt der
Europäischen Kommission den deutschen EU-Botschafter Dr. Wilhelm
von Schönfelder zu einer "ausführlichen Stellungnahme"
auf. Die EU-Kommission bemängelt u.a., dass "trotz mehrfacher
Aufforderung" keine Standard-Datenbögen für niedersächsische
Vogelschutzgebiete vorlägen.
Weiter führt die Kommission aus: "Nach der gegenwärtigen
Rechtslage in Niedersachsen könnte es einen Widerspruch zwischen
dem Nationalparkgesetz und den von der Bunderegierung gemäß
der Vogelschutzrichtlinie gemeldeten Gebieten geben."
Die Kommission will weiter wissen, welche fachlichen Gründe angeführt
werden, dass Zonierungen oder Betretungsregelungen verändert oder
Schutzzonen abgeschwächt wurden und wie der Schutz bestimmter Vogelarten
nun gewährleistet werden solle. Ebenso fordert die Kommission die
Darstellung der Entwicklung des Erhaltungszustandes von FFH-Gebieten im
Nationalpark der letzten 12 Monate an.
Exemplarisch führt die Kommission 10 Gebiete von den fast neunzig
monierten Gebieten an: So z.B. Borkum, den Bereich eines Golfplatzes auf
Norderney, die Flugplatzbefestigung auf Baltrum, zwei Gebiete auf Langeoog
oder die Schuttablagerung östlich des Hafens von Neuharlingersiel.
Von den dreizehn anerkannten Naturschutzverbänden in Niedersachsen
wurde bisher keine Beschwerde in Brüssel eingelegt, lediglich die
Umweltstiftung WWF legte gegen drei Gebiete auf den Inseln Borkum, Norderney
und Wangerooge Beschwerde ein.
Das bisherige Ergebnis dieser Beschwerde mache deutlich, so der Wattenrat,
dass eine Aufnahme des Wattenmeeres in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbe
völlig verfrüht sei und zunächst von Niedersachsen sichergestellt
werden müsse, dass der Nationalpark Wattenmeer ausreichend entsprechend
den EU-Richtlinien geschützt werden müsse. Davon sei man weiter
entfernt denn je. Nun unterstütze Niedersachsen sogar den Bau eines
Offshore-Windparks im Wattenmeer zwischen den Vogelschutzinseln Mellum
und Scharhörn.
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