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Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 73 (15.04.2004)

Austern wecken Begehrlichkeiten

Pazifische Austern als "Neubürger" im Wattenmeer wecken Begehrlichkeiten der Muschelfischer

Die Pazifische Auster (Crassostrea gigas) breitet sich als relativ neue Art im Wattenmeer aus. Sie wurde als Ersatz für die "verschwundene" Europäische Auster (Ostrea edulis) angesiedelt, um weitere Einnahmen aus der Muschelfischerei zu erzielen. Die Auster ist als Vorläufer von "Viagra" bekannt und soll angeblich müden Männern schneller auf die Damen helfen. Ess- und Fleischeslust, die hohe Nachfrage und die damit verbundene gnadenlose Überfischung haben so der Europäischen Austern im Wattenmeer den Garaus gemacht. Trotz eingeführter Schonzeiten erholten sich die Bestände nicht mehr. Verschiedenen andere Arten, die die festen Schalen als Siedlungssubstrat im Watt benötigten, verschwanden so ebenfalls. Es verschwanden vor allem Räuber und Arten, die Nahrung aus der bodennnahen Wasserschicht beziehen, zugunsten von solchen Arten, die sich von am Boden abgelagerten Material (Detritus) ernährten. Es breiteten sich aber viele Miesmuschelbänke auf den ehemaligen Austernbänken an, nur, um hinterher wieder gnadenlost abgefischt zu werden. Kaum breiten sich nun die Pazifischen Austern aus, bekommen die Fischer Euro-Zeichen in den Augen, die auch schon für die Plünderung und Zerstörung vieler Miesmuschelbänke bekannt sind. Dazugelernt haben diese "üblichen Verdächtigen" nichts.

Dazu ein Literaturhinweis: Lozan, Rachor, Reise, Westernhagen, Lenz (Hrsg): Warnsignale aus dem Wattenmeer, Berlin 1994

Wir zitieren nachfolgend aus der Ostfriesen Zeitung:

Ostfriesen-Zeitung 10.04.2004 (S. 14)

Fischer wollen Austern ernten

DELIKATESSE - Schalentiere haben sich im Wattenmeer "gewaltig ausgebreitet"

Weil die Miesmuscheln unter den harten Konkurrenten leiden, spricht wenig gegen eine Befischung. Aber noch ist das verboten. Umweltminister Sander will sich kümmern.

VON HEINER SCHRÖDER

OSTFRIESLAND - Muschelfischer Wolfgang Christoffers aus Norddeich hat sie entdeckt: eine Bank "komplett voller Austern". In der Bantsbalje nahe der Leybucht. Er möchte sie gerne ernten, "denn sie schmecken erstklassig". Noch darf er aber nicht. Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) will sich darum kümmern, dass er bald darf.

Der Siegeszug der pazifischen Auster im Wattenmeer verläuft rasant. Wahrscheinlich stammen die Austern von niederländischen Kulturflächen. Einige Austernlarven wurden wohl mit der Ostdrift Richtung Ostfriesland getrieben und sind erstmals vor fünf Jahren vor Juist gesehen worden. Damals waren es noch Einzelexemplare. Jetzt hat Christoffers festgestellt: "Die breiten sich gewaltig aus."

Es gibt schon komplette Austernbänke wie in der Bantsbalje. Was den Muschelfischern und auch Naturschützern Sorgen macht, ist der Befall von Miesmuschelbänken, die es ohnehin nicht mehr so zahlreich wie früher gibt. Die Austern scheinen von härterem Kaliber als die Miesmuscheln zu sein und setzen sich auf diesen Flächen durch. Die Fischer klagen darüber, dass sie immer weniger junge Muscheln finden, die sie in ihre Kulturflächen bringen können. "Das könnte eine Pest werden", sagt Manuela Gubernator von der Niedersächsischen Muschelfischer-GbR.

Darum liegt der Gedanke nahe, die Austern abzufischen und eine Vermarktung für "ostfriesische Austern" aufzubauen. "Die Austern sind gut, wachsen schnell und sind eine Delikatesse", meint Christoffers. Aber noch dürfen er und seine Kollegen die Austern nicht von den Muschelbänken holen. Denn die Fangerlaubnis der Fischer, so sagte Gubernator bei einem Besuch von Minister Sander in Harlesiel, erstrecke sich nur auf Miesmuscheln.

Ob die Austern wirklich vermarktet werden können, ließ Gubernator im Unterschied zum optimistischen Christoffers noch offen. "Ich habe mir noch keine Meinung dazu gebildet." Fest steht für sie aber, dass die Austern von den Muschelbänken geholt werden müssen. So, wie es bereits in den Niederlanden geschehe.

Das Umweltministerium zeigt sich aufgeschlossen. Minister Sander will prüfen, ob die Muschelfischer auch Austern fangen dürfen. "Ich hab's mir aufgeschrieben", sagte Sander der OZ, "denn ich weiß: Wenn ich mich nicht darum kümmere, ruft mich Frau Gubernator sowieso in zwei Wochen wieder an".

 
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