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Wieder das NSG Petkumer Deichvorland:  

der "mündige" Bürger und die Liberalen haben das Wort! Der Wattenrat hatte die "Faxen dicke" und erstattete Strafanzeige

Der so harmlos aussehende Betonweg im Naturschutz- und Besonderem Schutzgbiet nach EU-Vogelschutzrichtlinie, zum Zwecke der Treibselabfuhr gebaut, hat es in sich. Er ist Drehpunkt eines modernen Schmierenstückes von Politik und Verwaltung der Stadt Emden. Als Untere Naturschutzbehörde ist die Statt Emden verpflichtet, dieses bedeutende Rast- und Brutgebiet an der Ems vor Beeinträchtigungen zu schützen.

Genau das Gegenteil ist der Fall. Mit der Fertigstellung des ohne Genehmigung und ohne Verträglichkeitsprüfung gebauten Weges im Schutzgebiet (Naturschutzgebiet und Besonderes Schutzgebiet nach der EU-Vogelschutzrichtlinie!) entdeckten die Naturvermarkter und Bürger ihre Liebe zur Natur. Sie wollen ins Schutzgebiet, sie wollen dort laufen und mit dem Fahrrad fahren. Die jedem Naturbeobachter vertrauten Fluchtdistanzen gerade von Gänsen gelten dort wohl nicht, das können die Naturschutz"experten" aus Petkum angeblich sogar " belegen".

Der Ratsherr Bolinius (FDP) machte sich zum Sprachrohr der angeblich vom Naturschutz "Entrechteten" und holte seinen Parteifreund, den FDP-Umweltminister Sander, zur Hilfe. Auf einer "Bürgerversammlung" am 01. Dez. 2003 wurde deutlich, dass die geballte Volksfront es besser weiß: Brut- und Rastvögel werden dort durch Begehen und Fahrradfahren gar nicht gestört. Die sehr störanfälligen Nonnengänse z.B. werden offensichtlich nur noch als Streicheltiere, nicht aber mehr als Wildtiere wahrgenommen, wenn sie überhaupt wahrgenommen werden. Und der Herr Minister, bekannt aus Funk, Printpresse und Fernsehen als rigoroser Naturschutz-Plattmacher und Schutzgebiets-Öffner, stimmte beschwichtigend in den Chor der Ignoranten ein: Man wolle einen "Kompromiss", und der Rest sei "Bürokratismus".

Jawoll, Herr Minister, was schert uns schon das nationale und europäische Naturschutzrecht, wenn man damit schon wieder den neoliberalen Weltenvereinfacher vor den Petkumer "Bürgern" demonstrieren kann. Das bringt sicher Stimmen auf dem nächsten Wahlzettel! Nur: Die Bürger wollen alles, die ganzjährige Freigabe, noch nicht einmal den Kompromiss, der keiner ist. 100 aufgebrachte Bürger auf dem Haufen können nicht irren! Der angrenzende Deich ist frei begehbar, das wird im Eifer der Debatte ganz vergessen. Warum ein Umweltminister nicht auf den Text der EU-Vogelschutzrichtlinie als verbindliches Rechtsinstrument auch für die Petkumer Bürger verweist, bleibt sein Geheimnis.

Dem Wattenrat langt diese Posse langsam. Wir haben erst einmal Strafanzeige wegen des illegalen Baus eines Betonweges in einem Schutzgebiet bei der Staatsanwaltschaft in Aurich erstattet. Nach § 329 Strafgesetzbuch kann derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren bestraft werden, der in Naturschutzgebieten Abgrabungen oder Aufschüttungen vornimmt. Die Strafanzeige wird derzeit bearbeitet. Warten wir es ab, wie sich weisungsgebundene Staatsanwälte hier verhalten!

Die Stadt Emden indes machte aus Ihrer Not eine Tugend: Sie will diesen Weg als "Naturlehrpfad" ausweisen lassen und beantragte dafür eine Ausnahmegenehmigung für die Freigabe des Weges: mehr als 17 Monate nach der Fertigstellung des Betonweges. Es kommt eben nur auf die Verpackung, nicht mehr auf den Inhalt an.

 

01. Dez. 2003

Pressemitteilung von Erich Bolinius, FDP-Fraktionsvors. im Emder Rat:

Umweltminister Sander stellt sich auf Seiten der Bürger

Auf Einladung des FDP-Fraktionsvorsitzenden im Emder Rat, Erich Bolinius, und Roland Riese, MdL, war Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) heute Gast auf einer Bürgerversammlung der FDP in Emden-Petkum. Es ging in dieser Versammlung um die ganzjährige Benutzung des Teekabfuhrweges von Emden-Borssum bis zum Emssperrwerk für Fußgänger und Radfahrer, der direkt am Deichfuß verläuft. Naturschützer sind gegen eine Benutzung des Weges. Sie meinen, dass Vögel, insbesondere Gänse gestört werden würden. Das wurde von den Anwohnern vehement bestritten und auch belegt. In der gut besuchten Bürgerversammlung stellte sich Umweltminister Hans-Heinrich Sander auf Seiten der Bürger. Diese dürften nicht von der Natur ausgeschlossen werden, betonte der Umweltminister unter Beifall der über 100 Teilnehmer. Er werde alles tun, um eine Lösung herbeizuführen. Der Büokratismus würde in Deutschland überhand nehmen, dass müsse verhindert werden. Vorher hatte der Oberdeichrichter Heiko Albers von der Moormerländer Deichacht gesagt, dass er für eine ganzjährige Freigabe des Weges sei. Ferner forderte er die Bezirksregierung auf, sogenannte Sommerdeiche im Deichvorland anzulegen, dann würde die Brut nicht gestört und auch nicht überflutet. Sommerdeiche wurden erst im letzten Jahr in Petkum abgetragen! Ein Antrag der Stadt Emden sieht vor, dass der größte Teil des Weges nur in der Sommerzeit für 2 Monate freigegeben werden sollte. Damit sind der Bürgerverein Petkum und die Anwohner jedoch nicht zufrieden. Sie fordern eine ganzjährige Nutzung. "Ich bin über die Aussagen des Ministers Sander äußerst zufrieden," sagte Erich Bolinius, der die Moderation und ein Verfechter der Freigabe des Weges ist. Er hoffe, dass die Naturschützer endlich einlenken.

 

Nachstehend einige Stichworte von Erich Bolinius zur Kenntnis:

Auf dem Podium: Hans-Heinrich Sander, Nieders. Umweltminister 1.Stadtrat Jan Röttgers Heiko Albers, Oberdeichrichter der Moormerländer Deichacht Herr Struthoff von der Bezirksregierung Weser-Ems Herr Wendeburg von der Bezirksregierung Weser-Ems Roland Riese (FDP) MdL

Ich begrüße Mitglieder der SPD und FDP-Fraktion des Emder Rates, den Vorsitzenden des Petkumer Bürgervereins, Gerhard Fischer, und insbesondere Sie, die vielen Bürgerinnen und Bürger. Vielen Dank, dass Sie alle gekommen sind.

Die Gaststätte "Slis", wo wir hier tagen, ist über 120 Jahre alt. Der Nieders. Finanzminister Erich Küpker war schon einmal aufgrund meiner Einladung hier. Petkum hat eine 1.200 jährige Geschichte. Aus der Petkumer Chronik kann man entnehmen, dass die Petkumer schon immer mit der Natur im Einklang standen. Wir konnten uns im Anwachs (Deichvorland) bis zur Ems bis 1994 frei bewegen. Dann kamen die Naturschützer und haben ein Betretungsverbot ausgesprochen. Das war schon sehr ärgerlich. Die Ems war damals ein lebendiger Fluss, heute ist er, durch die Ausbaggerungen wegen der großen Kreuzfahrtschiffe der Meyer-Werft, so gut wie tot. Und nun können wir auch den Deichweg nicht mehr begehen.

Der neue Teekabfuhrweg von Emden-Borssum bis zum Emssperrwerk bis Gandersum direkt am Deichfuß, also u.E. nicht im Naturschutzgebiet gelegen, wurde aufgrund von Anträgen von Naturschützern gesperrt. In den Augen der Anwohner ein Skandal.

Und das können wir Bürger hier vor Ort auch nicht verstehen und auch nicht hinnehmen. Deshalb haben wir Sie, meine Herren auf dem Podium, gebeten, hier Stellung zu nehmen. Ich hoffe, dass wir nach dieser Versammlung sagen können, dass wir Bürger von der Natur nicht mehr ausgeschlossen werden.

Brief des Wattenrats:

An die Redaktionen

Betr: Bürgerversammlung mit Umweltminister Sander in Petkum zur Freigabe des Treibselabfuhrweges im Naturschutzgebiet und Besonderem Schutzgebiet nach EU-Vogelschutzrichtlinie "Petkumer Deichvorland"

hier: Teilnahme von Naturschutzvertretern

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 29. November 2003 wurde nun doch von Herrn Riese (Mdl_FDP) Herr Eilert Voß, Widdelswehr (Tel: 04921-55926) als Vertreter des Naturschutzes zur Podiumsdiskussion nachgeladen, zwei Tage vor der Veranstaltung!

Das Antwortschreiben von Herrn Voß an Herrn Riese finden Sie nachstehend.

Ich bitte um Ihre Kenntnisnahme.

Mit freundlichem Gruß

Manfred Knake

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Eilert Voß 29.11.03

26725 Emden

An Roland Riese (MdL)

26721 Emden

Betr. Einladung zur Podiumsdiskussion am 1.12.03, 10.30 Uhr in Petkum

Sehr geehrter Herr Riese,

mit Verwunderung nehme ich Ihre heutige Einladung zu einer Diskussionsveranstaltung am kommenden Montag zur Kenntnis. Sie bitten um eine Rückmeldung. Sie schreiben mir in einem Brief vom 28.11. 03, den ich heute Mittag mit der Post erhielt, dass der Streit um den (illegalen) Teekweg seit Wochen schwelt und am Montag ein Kompromiss gefunden werden soll. Frage: Sie planen doch sicherlich seit Wochen diesen Termin, öffentlich bekannt ist der Ministerbesuch lt. Emder Zeitung am 13. November 03 in einem Leserbrief von Erich Bolinius aus dem Urlaubsort Teneriffa. Sollten Sie und Herr Bolinius tatsächlich an Sachargumenten interessiert und die Anwesenheit von örtlichen Kennern der Naturschutzprobleme unbedingt erwünscht sein, die Einladung wäre zeitgleich mit den Einladungen an die Presse, der Stadt Emden, der Deichacht usw. herausgegangen. Ich persönlich vermute, dass Ihnen relativ spät eingefallen ist, dass eine Nichtberücksichtigung der Naturschutzargumente, die alle gegen eine Öffnung für den Tourismus sprechen, dem Verkehrskonzept eher schadet als nützt und eine Podiumsdiskussion in geschlossener Gesellschaft ohne Anwesenheit von Kritikern des Nutzungsprojektes, eine Farce ist. Ihre späte Einladung zum 1.12.03 ist als Beweis zu werten, dass die FDP an einen kritischen Dialog nicht interessiert ist und die Offerte aus taktischen Erwägungen ausgesprochen wurde ohne ernsthaft meine Teilnahme zu befürworten. Anwesenden Pressevertretern kann so formal erklärt werden, dass Naturschützer zwar eingeladen wurden aber kein Interesse an der Veranstaltung zeigen.

Im Übrigen ist es mir wegen der überaus kurzfristigen Einladung nicht möglich, bei meiner Behörde über das Wochenende eine Dienstbefreiung zu beantragen und sage daher die Teilnahme ab.

Mit freundlichem Gruß

Eilert Voß

 

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Der Brief aus dem Niedersächsischen Umweltministerium zum Petkumer Deichvorland: Es ist keinesfalls so, dass der Treibsel- (oder Teek- ) abfuhrweg im NSG Petkumer Deichvorland "freigestellt" ist, das geht aus der Naturschutzverordnung nicht hervor und ist reine Interpretation!

Niedersächsisches Umweltministerium

Postfach 41 07

30041 Hannover

Bearbeitet von: Roland Dreher

An den Watten-Rat Ostfriesland z. Hd. Herrn Manfred Knake Brandshoff 41

26427 Esens-Holtgast

Mein Zeichen \Bei Antwort angeben) 27a - 22221/3 WE 219 3542

18.08.2003

Naturschutzgebiet "Petkumer Deichvorland"; Nutzung des Teekab- fuhrweges duch Radfahrer und Fußgänger

Sehr geehrter Herr Knake,

Ihr Schreiben vom 19.05.03 an Herrn Minister Sander habe ich dankend erhalten. Herr Sander hat mich gebeten, Ihnen zu antworten und Sie um Verständnis zu bitten. dass er bei der Fülle der an ihn gerichteten Anliegen nicht alle Schreiben persönlich beantworten kann.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass nur der einen Anreiz hat, die Natur zu schützen, der die Umwelt auch kennen lernen und erleben kann. Deshalb soll der Bevölkerung ein Erleben der Naturschutzgebiete grundsätzlich ermöglicht werden, wobei allerdings naturschutzfachliche und naturschutzrechtliche je nach Lage des Einzelfalls Gesichtspunkte zu beachten sind.

Im vorliegenden Fall scheint es gewichtige Argumente gegen eine ganzjährige öffentliche Nutzung des Teekabfurweges zu geben. Für den im Jahr 2002 fertig gestellten, am äußeren Deichfuß im NSG gelegenen Teekabfuhrweg ist unter Berufung auf die Freistellung in der NSG-VO von Maßnahmen für den Küstenschutz kein Befreiungsverfahren und somit auch keine Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände durchgeführt worden; zudem hat eine Beteiligung der oberen Naturschutzbehörde nicht stattgefunden. Von der Von der ausführenden Moormerländer Deichacht ist jedoch der Stadt Emden die Duldung als Fahrradweg in Aussicht gestellt worden.

Es besteht die Absicht, das Wegestück in die "Internationale Dollartroute" einzubeziehen. Die NSG-VO hat das Betreten und Befahren des NSG auf den zum Zeitpunkt der Verordnung bestehenden Wegen freigestellt. Der neu entstandene Weg fällt ausschließlich in seiner Funktion als Teekabfuhrweg unter die Freistellung von Maßnahmen für den Küstenschutz. Jede andere Nutzung kann dieses Privileg nicht für sich in Anspruch nehmen.

Zur Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes des Vogelschutzgebietes ist u. a. die Minimierung von Störungen durch Freizeitnutzung wesentlich. Eine Nutzung von Radfahrern und Fußgängern lässt eine erhebliche Minderung der Nutzbarkeit des Gebietes durch Brut und Rastvogel aufgrund der Fluchtdistanzen der Tiere erwarten. Vor einer Freigabe des Weges für die Allgemeinheit sind insofern als zwingende Voraussetzungen eines Befreiungsverfahrens nach § 53 NNatG mit positivem Abschluss durchzuführen und m Verträglichkeitsstudie der Nachweis zu erbringen, dass die Erhaltungsziele dieses Natura-20OO-Gebietes nicht erheblich beeinträchtigt werden.

Ich wurde es begrüßen, wenn vor Ort ein für alle Beteiligten tragbarer Kompromiss gefunden werden kann und bitte Sie hierum Mitarbeit. Hinsichtlich der von Ihnen angesprochenen unzureichenden Beschilderung des Gebiets und Schutzvorkehrungen hat mir die Bezirksregierung Weser-Ems berichtet, dass Sie entsprechende Maßnahmen veranlasst hat, aufgrund Ihres Hinweises aber einen möglichen neuen Handlungsbedarf überprüfen wird.

Mit freundlichen Grüßen im Auftrage Dreher

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