Bezirksregierung Weser Ems wirft Unteren Naturschutzbehörden
der Landkreise Pflichtversäumnisse vor; doch wer im Glashaus sitzt,
sollte nicht mit Steinen werfen.
Zur Rettung der eigenen Haut, sprich als Versuch, die politisch beschlossene
Auflösung der Bezirksregierungen in Niedersachsen in Frage zu stellen,
gibt es jetzt behördeninternes Hauen und Stechen. Der Naturschutzdezernet
der Bezirksregierung Weser-Ems, Helmut Dieckschäfer, kritisiert
die Naturschutzarbeit der Landkreise und kreisfreien Städte. Nur:
Er sitzt im Glashaus und wirft mit Steinen. Dieckschäfer ist selbst
verantwortlich für die Ausweisung von Naturschutzgebieten und die
Darstellung von Flora-Fauna-Habitagebieten und EU-Vogelschutzgebieten
nach EU-Richtlinien. Da ist er der Bremser gewesen. Die Mitarbeiter der
Unteren Naturschutzbehörden machen ihre Arbeit, so weit es die personelle
Decke erlaubt, ganz ordentlich und werden ihrerseits wieder von der Politik
oder den Landräten als Leiter der Einheitsbehörden bei der
Umsetzung ihrer naturschutzfachlichen Empfehlungen ausgebremst.
taz-Nord, 25. Sept. 2003
Naturschutz ist schon lange nicht mehr
Bezirksregierung Weser-Ems urteilt: Die 18 Landkreise und Städte
kommen ihren Naturschutz-Pflichten nicht nach
Oldenburg taz Die achtzehn Landkreise und kreisfreien Städte in
der Region Weser-Ems kommen ihren gesetzlichen Pflichten für eine
aktive Naturschutzarbeit nicht nach. Dieses Fazit zieht der Leiter der
Oberen Naturschutzbehörde der Bezirksregierung Weser-Ems in Oldenburg,
Helmut Dieckschäfer, in einem jetzt bekannt gewordenen Papier. Darin
dokumentiert seine Behörde die Naturschutzarbeit der letzten zehn
Jahre in der Region.
Anlass der Bestandsaufnahme Dieckschäfers ist die von der niedersächsischen
Landesregierung angekündigte Verwaltungsreform. Danach sollen unter
anderem die Bezirksregierungen abgeschafft und deren Aufgaben an andere
Institutionen übertragen oder den Landkreisen und Städte zugeschlagen
werden. "Die Politik will den aktiven Naturschutz zerschlagen",
urteilt Dieckschäfer. Mit ihrem Papier weist die Bezirksregierung
jetzt nämlich nach, dass die Landkreise und Städte gar nicht
in der Lage sind, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Mehr
noch: Sie belegt, dass diese im Bereich des Naturschutzes nicht einmal
ihre jetzigen Aufgaben erledigen. Grund, so die Oldenburger Analyse,
sei die schlechte personelle Ausstattung der Unteren Naturschutzbehörden
und politisches Desinteresse der Verantwortlichen.
So haben einige Landkreise nach zehn Jahren noch immer keine Landschaftsrahmenpläne
ausgearbeitet. Diese Pläne aber sind Grundlage jeglicher Naturschutzverwaltung.
Ohne den Landschaftsrahmenplan können keine Schutzgebiete ausgewiesen
werden - und werden es auch nur unzureichend. Die EU droht deswegen schon
mit hohen Geldstrafen.
Auf dem Schreibtisch von Uilke van der Meer in Norden/Ostfriesland stapeln
sich Landkarten und Flächenbeschreibungen. "Die gehen jetzt
nach Brüssel", sagt der Sprecher der unabhängigen Naturschutzgruppen,
die sich zum so genannten Wattenrat zusammengeschlossen haben: "Der
Landkreis Aurich, die Stadt Emden und der Landkreis Leer würden
sich die Finger danach lecken." Die vom Wattenrat erstellten Karten
belegen, das Windparks, Golfplätze oder Strassen entlang der Küste
oder auf den Inseln direkt in hochwertigen Naturgebieten gebaut wurden,
die nach europäischem Recht als Naturschutzflächen (FFH-Gebiete)
hätten ausgewiesen werden müssen.
Das Papier der Bezirksregierung wiederum belegt nun, warum das so ist.
Viele Landkreise haben schlicht keine aktuellen Daten darüber, wie ökologisch
wertvoll ihrer Gemarkungen sind. "Die haben daran auch kein großes
Interesse, weil sie ihre Flächen dann wirtschaftlich nicht mehr
so nutzen könnten", vermutet Uilke van der Meer. Er ist sicher: "Nichts
scheuen die kommunalen Verwaltungen mehr als die Ausweisung von Naturschutzflächen."
Thomas Schumacher
Auch die Lokalpresse nahm das Thema auf.
ABER: Der nachstehende Artikel
ist etwas missverständlich. Er beruft sich auf die Kritik des Naturschutz-Dezernatsleiters
Dieckschäfer der Bez.Reg. Weser-Ems in Oldenburg an der Arbeit den
Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte
(siehe obigen Artilel der taz-Nord). Die im nachstehenden Artikel konkret
dargestellten Versäumnisse wurden nicht von der Bezirksregierung
moniert (wie es den Anschein hat), sondern vom Wattenrat Ost-Friesland.
Darüberhinaus wurde dem Redakteur des "Anzeigers" vorab
deutlich gemacht, dass nicht die Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehören
zu schelten sind, die ihre Arbeit durchweg ordentlich machen, sondern
das, was letztlich die Einheitsbehörde Landkreis oder kreisfreie
Stadt mit der Arbeit der Naturschutzbehörde nach außen mache,
nämlich die naturschutzfachlichen Aspekte bei Entscheidungen oft
außer acht lasse. Im Artikel wird nicht ausreichend zwischen EU-Vogelschutzgebieten
und FFH-Gebieten differenziert, aber das ist vernachlässigbar.
Anzeiger für Harlingerland 27.09.2003 (S. 1)
Eklatante Verstöße gegen EU-Recht
Landkreise und Städte kommen ihren Naturschutz-Pflichten nicht
nach
HARLINGERLAND / MH - Die 18 Landkreise und kreisfreien Städte in
der Region Weser-Ems kommen ihren gesetzlichen Pflichten für eine
aktive Naturschutzarbeit nicht nach. Dieses Fazit zieht die Obere Naturschutzbehörde
der Bezirksregierung Weser-Ems. Schon der Wattenrat hatte darauf hingewiesen
und belegt, dass Windparks, Golfplätze oder Straßen entlang
der Küste oder auf den Inseln direkt in hochwertigen Naturgebieten
gebaut wurden, die nach europäischem Recht als Naturschutzflächen
(FFH-Gebiete) hätten ausgewiesen werden müssen.
Betroffen ist auch der Landkreis Wittmund. So soll der Damm- und Straßenbau
auf Langeoog aus Naturschutzmitteln von Statoil eine reine touristische
Erschließungs- und Küstenschutzmaßnahme gewesen sein,
die mit der Wiedervernässung des ohnehin nassen Hellers im Osten
begründet wurde. Dort seien mehr als 3,5 Millionen Euro Naturschutzgeld
in Straßen- und Dammbau umgeleitet worden.
Der Windpark Utgast hätte an der jetzigen Stelle nie gebaut werden
dürfen, er liege in einem faktischen Vogelschutzgebiet in Nationalparknähe.
Kritisiert wird, dass der. Landkreis zusätzlich Enercon-Anlagen
dort genehmigte.
Der Landkreis müsse sich stärker mit den europäischen
Rechtsinstrumenten, nämlich Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH)
und EU-Vogelschutzrichtlinie befassen, lautet die Forderung. So moniert
die EU die mangelnde Umsetzung der EU-Vogelschutzrichtlinie in der sogenannten "Important
Bird Area" Norden-Esens. Die kommunale Selbstverwaltung ignoriere
das EU-Recht völlig, man wähne sich da "völlig freischaffend
und autonom" und plane rücksichtslos, etwa Umgehungsstraße
Esens oder Golfplatz Ostbense. Auch auf Langeoog habe es zahlreiche Eingriffe
in bereits gemeldete EU-Vogelschutzgebiete gegeben. In allen Fällen
kann es jetzt zu Mahnverfahren kommen. |