Das Niedersächsische Umweltministerium wünscht sich einen "für
alle Beteiligten tragbaren Kompromiss"
Neues vom Teekabfuhrweg und die von vielen gewünschten Nutzung
als Radweg in einem "Besonderen
Schutzgebiet" und Naturschutzgebiet. Merke: Es wird nicht immer ALLES
in der Zeitung gedruckt, immerhin gelang eine Korrektur
mit einem
Leserbrief.
Und "Umweltverbände" haben sich hier, wie bei vielen aktuellen "Schadensfällen" des
Naturschutzes,
bisher fein herausgehalten. Der NABU-Ostfriesland unterstützt sogar die
Nutzung. Ein Blick in die
eigene Satzung wäre da sicher hilfreich.
Emder Zeitung, 27. Aug. 2003
Radfahren im Naturschutzgebiet: Ministerium regt Kompromiss an
Antwort aus Hannover auf ein Schreiben des Watten-Rats Ost-Friesland zum Teek-Abfuhrweg.
von AXEL MILKERT
So ähnlich wünschen es sich die Befürworter: Der Teekweg durchs
Deichvorland soll für Radfahrer geöffnet werden. Das Schild markiert
allerdings die daneben liegende Zufahrt vom Petkumer Hafen in den Ort.
Ein "für alle Beteiligten tragbarer Kompromiss" soll im Petkumer
Deichvorland gefunden wurden. Das ist der Wunsch des Niedersächsischen
Umweltministeriums hinsichtlich der Nutzung des Teek-Abfuhrweges durch Fußgänger
und Radfahrer. Seit Monaten schwelt eine Auseinandersetzung zwischen Umweltverbänden
und Befürwortern einer Nutzung (die Emder Zeitung berichtete). Der Betonweg
darf derzeit im Rahmen des Küstenschutzes nur von der Deichacht zur Abfuhr
von Treibgut (Teek) genutzt werden. Im Emder Rat wurde inzwischen darüber
diskutiert, den Weg, der durch ein Naturschutzgebiet führt, Ausflüglern
und Spaziergängern wenigstens für einen begrenzten Zeitraum zu öffnen.
Die Stadt Emden ist bemüht, einen Kompromiss, wie ihn das Ministerium
anregt, in Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung hinzubekommen. Zuletzt allerdings
machte die Landesbehörde in Oldenburg deutlich, dass mit einer Freigabe
in diesem Jahr auf keinen Fall mehr zu rechnen ist. Grundsätzlich aber
sei man "auf Kompromisslinie", wie Sprecherin Herma Heyken gestern
gegenüber der EZ noch einmal betonte. Ein gewisses Zeitfenster für
eine eingeschränkte öffentliche Nutzung sei denkbar. Nur, wie dieses
Fenster auszusehen hat, ist noch zu klären.
Dazu muss zunächst die
Naturschutzgesetz-Verordnung geändert und ein "Befreiungsverfahren" durchgeführt
werden. Die Umweltverbände müssen gehört werden und in einer
Verträglichkeitsstudie ist der Nachweis zu erbringen, "dass die
Erhaltungsziele dieses Natura-2000-Gebietes nicht erheblich beeinträchtigt
werden",
heißt es in einem Schreiben des Umweltministeriums an Manfred Knake
vom "Watten-Rat
Ost-Friesland". Die Stadt Emden wird nunmehr einen Antrag bei der
Bezirksregierung stellen, da das notwendige naturschutzrechtliche Gutachten
vorliegt, bestätigte
Stadtsprecher Eduard Dinkela gestern auf Anfrage.
Inhalt des Antrags: 1.
Ganzjährige
Freigabe des Fahrradwegs zwischen Borssumer Siel und Kirchweg; 2. Nutzung
des Teekabfuhrwegs in den Sommermonaten als Leerpfad (für Fußgänger
und Radfahrer), wenn Brut- und Gastvögel nicht gestört werden.
Manfred Knake ist strikt gegen einen Kompromiss. Dieser erscheine allein
deshalb nicht
machbar, "weil rastende Gänse und Brutvögel natürliche
Fluchtdistanzen haben, die durch menschliche 'Kompromisse' nicht geringer
werden".
Auch der Emder Vogelkundler Klaus Rettig hatte Anfang der Woche in einer
Notiz zu Beobachtungen im Petkumer Deichvorland die "ganzjährige" Bedeutung
dieses Gebiets für die Vogelwelt unterstrichen. Knake weiter: "Das
Problem des Störens oder Verscheuchens von geschützten Arten
kann also dadurch nicht annähernd gelöst werden. Es bleibt
die Einsicht in das Problem, und das setzt zweifellos Vernunft und Rücksicht
und nicht politische Stimmungsmache voraus. Und an der Vernunft mangelt
es eindeutig,
wenn man die öffentliche Diskussion als Maßstab nimmt."
Das
Umweltministerium setzt vor allem auf gegenseitige Akzeptanz. Grundsätzlich
ist man dort der Ansicht, "dass nur der einen Anreiz hat, die Natur
zu schützen, der die Umwelt auch kennen lernen und erleben kann".
Ein "Erleben
der Naturschutzgebiete" sollte daher grundsätzlich - unter
Berücksichtigung
naturschutzrechtlicher Belange - ermöglicht werden, hieß es
aus dem Hause von Minister Hans-Heinrich Sander (FDP), der übrigens
auch Mitglied im Naturschutzbund Deutschland ist.
Naturschutz: Nur von der Deichacht darf der Betonweg genutzt werden.
Leserbrief dazu (so erschienen am 30.08.2003):
An die Emder Zeitung per Mail 27. Aug. 2003 -Redaktion-
Emden
Leserbrief zu: Teekabfuhrweg im Petkumer Deichvorland Berichterstattung Axel
Milkert "Anwort aus Hannover..." vom 27.08.2003
Sehr geehrte Damen und Herren,
bitte veröffentlichen Sie meinen Leserbrief zu o.a. Thema.
Danke und mit freundlichem Gruß
Manfred Knake im Wattenrat Ost-Friesland
Text:
Die Berichterstattung der EZ vom 27.08.2003 über den Inhalt des Briefes
aus dem niedersächsischen Umweltministerium zum Teekabfuhrweg im Petkumer
Deichvorland berichtet zwar groß über den gewünschten "Kompromiss" des
Umweltministeriums, verschweigt aber einige wesentliche Sätze aus dem
Schreiben, die diesen "Kompromiss" eigentlich unmöglich machen.
Das Schreiben führt u.a. weiter aus: "Im vorliegenden Fall scheint
es gewichtige Argumente gegen eine ganzjährige öffentliche Nutzung
des Teekabfuhrweges zu geben. Für den im Jahr 2002 fertig gestellten,
am äußeren Deichfuß im NSG gelegenen Teekabfuhrweg ist unter
Berufung auf die Freistellung in der NSG-VO [Naturschutzgebietsverordnung]
von Maßnahmen für den Küstenschutz kein Befreiungsverfahren
und somit auch keine Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände durchgeführt
worden; zudem hat eine Beteiligung der oberen Naturschutzbehörde [Bez.Reg.
Weser-Ems] nicht stattgefunden."
Genau das wurde vom Naturschutz auch
moniert, sieht es doch so nach einem handstreichartigen Bau unter Umgehung
aller Einwendungen mit der gewollten Duldung als Fahrradweg aus. Weiter führt
das Umweltministerium aus: "Der neu entstandene Weg fällt ausschließlich
in seiner Funktion als Teekabfuhrweg unter die Freistellung von Maßnahmen
für den Küstenschutz. Jede andere Nutzung kann dieses Privileg nicht
für sich in Anspruch nehmen. Zur Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes
des Vogelschutzgebietes ist u.a. die Minimierung von Störungen durch Freizeitnutzung
wesentlich. Eine Nutzung von Radfahrern und Fußgängern lässt
eine erhebliche Minderung der Nutzbarkeit des Gebietes durch Brut- und Rastvögel
aufgrund der Fluchtdistanzen der Tiere erwarten."
Wenn sich Frau Herma
Heyken als Pressesprecherin der Bezirksregierung bereits "grundsätzlich
auf der Kompromisslinie" sieht, seien ihr zunächst die EU-Vogelschutzrichtlinie
und das Bundesnaturschutzgesetz als Maßstäbe der Beurteilung empfohlen:
Die Bundesrepublik Deutschland als Vertragspartner der EU (und damit auch die
nachgeordneten Behörden) ist verpflichtet, in diesem gemeldeten europäischen
Schutzgebiet besondere Schutzmaßnahmen gegen Veränderungen vorzunehmen
und Maßnahmen zu treffen, die die Beeinträchtigung der Lebensräume
sowie die Belästigung der Vögel vermeiden. Ausnahmen davon sind nur
aus zwingenden Gründen für das überwiegende öffentliche
Interesse zulässig, und das gibt der Fahrradweg in einem "besonderen
Schutzgebiet" und Naturschutzgebiet eindeutig nicht her. Frau Heyken weiß auch,
dass die EU-Kommission diesen Eingriff in das Schutzgebiet nicht durchgehen
lassen wird. Daran wird der Wattenrat Ost-Friesland mitarbeiten.
Manfred Knake Im Wattenrat Ost-Friesland |