Werden Naturschützer lästig, dann hebelt eine öffentlich-rechtliche
Anstalt kurzerhand die bestehende Gesetzgebung aus
Die ARD möchte das Publikum mit einem kurzen Beitrag von der Insel
Memmert beglücken: mitten in der Brutzeit. Der Wattenrat schrieb
an die zuständige Redaktion. Reaktion: keine. Doch: Der rührig-penetrante
Redakteur Michael Schmidt rief bei Manfred Knake an und beklagte sich
über den Brief an die Redaktion; dabei beschimpfte er Schopf auf
das Übelste, weil der den Besuch in der Brutzeit ablehnt. Herr Schmidt
als Vertreter der Vierten Gewalt, für die es offensichtlich keine
Regeln mehr gibt, hat sich mit Hilfe des Umweltministeriums in Hannover
durchgesetzt: Es wird mit einem Team und mehreren Besuchern mitten in
der Brutzeit gedreht. Schopf hat Fachaufsichtsbeschwerde eingelegt, und
die sind ja bekanntermaßen form-, frist- und fruchtlos. Von den
anerkannten Naturschutzverbänden kam nichts in der Sache.
Herrn Wolf Lengwenus 17.Mai 2003 ARD
Hamburg
Insel Memmert (Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, Schutzzone
I),geplanter Beitrag Ihres Mitarbeiters Michael Schmidt in der Brutzeit
für die Sendung "Bilderbuch Deutschland"
Sehr geehrter Herr Lengwenus,
von unserem Wattenrat-Mitarbeiter Reiner Schopf, Vogelwart auf der Vogelinsel
Memmert im Nationalpark Niedersächisches Wattenmeer, erfahre ich,
dass Ihr Mitarbeiter Michael Schmidt mit seltener Hatnäckigkeit und
Penetranz über eine Ausnahmeregelung erreicht hat, auf der Vogelinsel
Memmert Filmaufnahmen in der Brutzeit anzufertigen.
Obwohl Herr Schopf Sie eindringlich auf die Verbote des Nationalparkgesetzes,
während der Brutzeit wildlebende Tiere an ihren Nist- und Brutstätten
zu fotografieren oder zu filmen (§6 Nationalparkgesetz Nieders. Wattenmeer)
hingewiesen hat, beharren Sie und Ihr Mitarbeiter nach erfolgter Anfrage
beim niedersächsischen Umweltminister und der Nationalparkverwaltung
auf einer Drehgenehmigung.
Auch das Bundesnaturschutzgesetz verbietet in §42 (1) Satz 3 das
Aufsuchen und Fotografieren oder Filmen der streng geschützten Arten;
dieser Satz gilt zweifellos auch für Journalisten.
Diese Verbote haben den einfachen Hintergrund, in sensiblen Bereichen
Störungen und Beeinträchtigungen von wildlebenden Tieren zu
verhindern.
Darüber haben Sie sich hinweggesetzt. Die Nationalparkverwaltung
erhofft sich durch die Ausnahmegenehmigung vermutlich eine öffentliche
Aufwertung dieses maroden Schutzgebietes, das aber mehr auf dem Papier
als in der tatsächlichen Umsetzung besteht, siehe Ihre Ausnahmegenehmigung.
Ich bin sicher, dass es Unmengen Archivmaterial von wildlebenden Vögeln
bei Ihnen gibt, die in der Unterhaltungssendung (!) für ein Massenpublikum
Verwendung finden könnten; zudem wäre es durchaus möglich
gewesen, nach dem 15. Juli, also nach der Brutzeit, Filmaufnahmen auf
der Insel Memmert zu machen.
Gerade von einem Vertreter einer rechtlich-öffentlich Anstalt hätte
ich mehr Verständnis für Schutzbelange und die Respektierung
von geltendem Naturschutzrecht erwartet.
Eine Kopie dieses Schreibens erhalten die Naturschutzverbände, die
prüfen werden, ob sie nach §53 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes
an dem erforderlichen Befreiungsverfahren beteiligt wurden.
Mit freundlichem Gruß
Manfred Knake
-Koordinator Wattenrat-Ostfriesland-
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