Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 266 (Januar 2008)
Wattenmeer als UNESCO Weltnaturerbe angemeldet
WWF mischt beim Etikettenschwindel für den Massentourismus mit
Der WWF gab zur Anmeldung des deutschen Wattenmeeres als UNESCO-Weltnaturerbe (ohne Hamburg) am 31. Januar 2008 eine Pressemitteilung (siehe unten) heraus, in der der bezeichnende Satz steht "Die Anrainergemeinden und Inseln erhoffen sich von einem Welterbe-Titel einen Imagegewinn und eine noch größere Attraktivität der Region für Touristen." Treibende Kraft der Anerkennung ist die Tourismuswirtschaft an der Küste mit ihren politischen Exponenten wie dem Auricher Landrat Walter Theuerkauf (SPD), gleichzeitig Vorsitzender des Nationalparkbeirats "Niedersächsisches Wattenmeer" und Sven Ambrosy (SPD), Landrat im Landkreis Friesland und gleichzeitig Vorsitzender des Tourismusverbandes Niedersachsen. Mit identischen Worten belobhudeln sowohl der WWF als auch der Herr Tourismusverbandsvorsitzende in verschiedenen Erklärungen ihre gemeinsame Etiketten-Sache. Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission ist übrigens der niedersächsisches Wirtschaftsminister Hirche. Welche Verbindungen im WWF-Naturschutz-Geschäft!
Der WWF mischt also auch unverhohlen im Massentourismus-Geschäft mit, in Niedersachsen haben wir ja "nur" 30 Millionen Übernachtungen im Wattenbereich, mit allen Folgen für die in der Pressemitteilungen genannten Arten. Denen wird es mit noch mehr Tourismus nicht besser gehen. Die professionelle Aufsicht und Betreuung in den deutschen Wattenmeer-Nationalparks ist mehr als dürftig. Und es kommt noch WWF-toller, und das sagt auch die Tourismuswirtschaft: "Bei einer Anerkennung stünde das Watt auch international auf einer Stufe mit dem amerikanischen Grand Canyon oder dem australischen Great Barrier Reef." Nein, die Stufe stimmt nicht annähernd: Die Wattenmeernationalparks stehen noch im Keller, ganz unten, auch mit UNESCO-Etikett. Die International Union for Conservation of Nature listet diese "Nationalparks" gar nicht als solche, wegen der vielen zugelassenen Nutzungen. Und die monierte der WWF mit einigen niedersächsischen Naturschutzverbänden und dem Wattenrat 2006 anlässlich des 20-jährigen Bestehens "Nationalparks Niedersächsisches Wattenmer" in einer kritischen "Nationalparkbilanz", siehe "Bilanz über 20 Jahre Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer" (pdf-Datei, ca. 2.6 MB)
Was hat also das Etikett der UNESCO mit "Wattenmeerschutz" zu tun? Nichts. Was mit "Vernunft"? Nichts, solange die fachlichen Naturschutzstandards in den Nationalparks nicht an internationale Vorgaben angepasst werden. Das wäre die vordringliche Aufgabe, aber dazu schweigt der WWF und macht sich gemein mit den politischen Etikettenschwindlern (siehe auf unseren Seiten vom Oktober 2006: "20 Jahre Nationalpark niedersächsisches Wattenmeer").
"Welterbe Wattenmeer kann kommen"
WWF begrüßt Antrag Deutschlands und der Niederlande bei der UNESCO
Hamburg - Der Weg für eine mögliche Ernennung des Wattenmeeres zum Weltnaturerbe ist frei. Einen entsprechenden Antrag haben Deutschland und die Niederlande fristgerecht bei der UNESCO in Paris eingereicht. "Das ist ein Meilenstein für den Naturschutz. Das Wattenmeer hat diesen Titel mehr als verdient. Wir sind überglücklich, dass nach all dem Hick-Hack der letzten Wochen am Ende die Vernunft gesiegt hat", erklärte WWF-Wattenmeerexperte Dr. Hans-Ulrich Rösner. Obwohl Hamburg kurz vor Schluss aus dem Bewerberkreis ausgestiegen ist, schätzt der WWF die Chancen für eine positive Entscheidung der UNESCO weiterhin als gut ein. Bei einer Anerkennung stünde das Watt auch international auf einer Stufe mit dem amerikanischen Grand Canyon oder dem australischen Great Barrier Reef.
In Zukunft könnten knapp 10.000 Quadratkilometer Wattenmeer zwischen Texel und Sylt den Titel Weltnaturerbe tragen. Das größte Wattenmeer der Welt ist eine Drehscheibe des globalen Vogelzuges und bietet zahlreichen Seehunden und Kegelrobben eine Heimat. Die Anrainergemeinden und Inseln erhoffen sich von einem Welterbe-Titel einen Imagegewinn und eine noch größere Attraktivität der Region für Touristen.
Neben dem vergleichsweise kleinen Hamburger Wattengebiet fehlt auch das dänische Wattenmeer in dem Antrag bei der UNESCO. Die dänische Regierung wollte zunächst klären, ob auch im dortigen Wattenmeer ein Nationalpark entstehen soll. Nachdem sich das dänische Parlament vor zwei Wochen für einen Nationalpark entschieden hat, hofft der WWF, dass Dänemark sich verspätet auch dem Welterbe-Antrag anschließt. "Auch wenn ein Weltnaturerbe Wattenmeer so vielleicht erst in zwei Schritten entstehen könnte - die langjährige Zusammenarbeit Deutschlands, der Niederlande und Dänemarks beim Wattenmeerschutz verdient es, letztlich mit einem geschlossenen Welterbe-Gebiet über das gesamte Wattenmeer belohnt zu werden", so Rösner.
Wir zitieren aus dem Anzeiger für Harlingerland, Wittmund S. 6:
Dienstag, 8. Januar 2008
Gütesiegel für Wattenmeer
Als Vorsitzender des Tourismusverbandes hat Sven Ambrosy große Hoffnungen
Unesco entscheidet über Antrag auf Anerkennung als Weltnaturerbe. VON ALICE DÜWEL
FRIESLAND - Das Wattenmeer ist eines der größten Feuchtgebiete der Erde und wahrscheinlich bald Weltnaturerbe: Einen entsprechenden Antrag will die Bundesregierung bis zum 1. Februar im Auftrag der Bundesländer Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein gemeinsam mit den Niederlanden bei der Unesco stellen. Mit einer Entscheidung ist im Juni kommenden Jahres zu rechnen.
Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt Frieslands Landrat Sven Ambrosy in seiner Funktion als Vorsitzender des Tourismusverbandes Niedersachsen, was die Marke "Weltnaturerbe" für die Region bedeutet.
HARLINGER: Welche Vorteile hat die Anerkennung des Wattenmeeres als Unesco-Weltnaturerbe außer dem internationalen Marketingeffekt?
AMBROSY: Wir erwarten einen großen Imagegewinn. Schließlich wäre das Wattenmeer neben der Fossilfundstätte Grube Messel erst das zweite Weltnaturere in Deutschland und in so berühmter Gesellschaft wie dem Great-Barrier-Riff, den Galapagosinseln und dem Baikalsee. Die Unesco-Liste wird weltweit veröffentlicht und gilt als Qualitätssiegel für wunderschöne Naturgebiete. Die Anerkennung des Wattenmeers als Weltnaturerbe ist eine Auszeichnung, die auch viele Touristen anregen wird, dieses Gebiet zu besuchen.[...]