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"Petkumer Deichvorland": Fackelzug gegen den Naturschutz

Naturschutzgebiet "Petkumer Deichvorland" an der Ems: Fackelzug gegen den Naturschutz - Demonstranten wollen das Naturschutzgebiet an der Ems ganzjährig belaufen und befahren

NSG Petkumer Vorland © GoogleEarth

Nun geht es um die ganze Wurst, mit dem Scheibchen des "Kompromisses" der zeitlich begrenzten Öffnung des Weges im Naturschutzgebiet geben sich Teile der örtlichen Bevölkerung nicht mehr zufrieden. Man will jetzt trotz der Bedenken aller Gutachteraussagen die ganzjährige Öffnung des Schutzgebietes, also auch in der sehr kritischen Phase der Vogelbrut und -aufzucht und des Vogelzuges, der bereits in vollem Gange ist. Die zweiährige "Testphase" der begrenzten Öffnung (15.07. - 30.09) des Küstenschutz- Betonweges im Schutzgebietes lief am 30.09.2006 ab, deshalb jetzt der Druck auf die Politik mit Fackeln, die allerdings nichts erhellt haben.

Nachfolgend die Berichterstattung der örtlichen Emder Zeitung und der Ostfriesen Zeitung zur Fackel-Demo im Naturschutzgebiet "Petkumer Deichvorland" (Teil eines "besonderen Schutzgebietes" nach europäischer Vogelschutzrichtlinie).

Die angesprochene "Streitfrage", ob der erst seit 4 Jahren existierende Betonweg zum Naturschutzgebiet gehört, ist gar keine: Der Weg verläuft eindeutig innerhalb der Grenzen des NSG. Der "sensationelle OB-Vorstoß" des Emder Bürgermeisters Brinkmann, den Weg im NSG ab 01.10. nicht mit den vorhandenen Toren abzusperren, ist kein Vor-, sondern ein Verstoß gegen geltendes Naturschutzrecht, also strafbewehrte Rechtsbeugung.

Betroffen sind auch nicht "12.000 Menschen vom Betretungsverbot" im Schutzgebiet, sondern primär die Brut- und Rastvögel des Schutzgebietes, die je nach Art sehr empfindlich schon auf einzelne Begehung mit Flucht reagieren, so auch am Abend der Demo, als mehrere hundert Graugänse laut kakelnd ihre Äsungsflächen im Schutzgebiet verließen, das haben zwar alle Demonstranten weithin wahrnehmbar gehört, aber wohl als freudige Begrüßung fehlinterpretiert (Schlagzeile in der Ostfriesen-Zeitung vom 02.09: "Gänse schnattern lauter als Demonstranten" und lassen den OZ-Redakteur zitieren: "Es ist nicht eine einzige Gans aufgeflogen".) Die Störung im Schutzgebiet ist dokumentiert, von Befürwortern der Sperrung, die unerkannt die Demo beobachteten, filmten und fotografierten, so lange das Tageslicht es zuließ.

Teilnehmer der Fackeldemo Kinder wollen den Teekweg

Bemerkenswert: Auch als Demonstrant dabei der ehemalige Dorfpolizist und Kontaktbeamte von Petkum, der hier in seiner aktiven Zeit für Recht und Ordnung zu sorgen gehabt hätte, und der ev.-luth. Pfarrer aus Petkum, der als Fackel-Demonstrant wohl sein besonderes Verhältnis zur gestörten Schöpfung im Schutzgebiet aktiv zum Ausdruck bringen wollte. Und Kinder, die auch für die Begehrlichkeiten der Jogger, Spaziergänger und Radfahrer zu Lasten der Natur instrumentalisiert wurden. Es wäre interessant zu erfahren, welche Vogelarten und deren Lebensbedürfnisse den Demonstranten überhaupt im Detail bekannt sind, aber darum geht es denen und den Berichterstattern wohl auch weniger, sondern mehr um die "schönsten Monate, in denen man da spazieren kann". Die politischen Rattenfänger bliesen auch ihre Schalmei, sie waren "mit dem Herzen dabei".

Bürgervereinsvors. Fischer beim Aufruf Fackeldemo

Wir zitieren aus den Zeitungen Emder-Zeitung, 2. Oktober 2006 Seite 3:

800 Unterschriften für Teekweg-Öffnung

Demonstration gegen erneute Schließung des Teekabfuhrweges als Wanderweg

Von EZ-Redakteur GÜNTHER GERHARD MEYER 04921/890045

Mit einem Fackelzug entlang des Emsdeiches bei Petkum haben die Bürger aus Petkum, Widdelswehr, Jarssum und Borssum dür die ganzjährige Öffnung des Teekabfuhrweges demonstriert. Rund 800 Unterschriften wurden in den vergangenen Tagen gesammelt, weitere können noch am Mittwoch (15 bis 19.00 Uhr) im Bürgerhaus Petkum abgeliefert werden. Organisiert hatte den Fackelzug und eine Kundgebung dazu die Bürgerinitiative, die sich unter der Leitung von Gerd Fischer (68) für die Öffnung des Weges einsetzt.

Für die Polizei war es eine ruhige Demonstration, Stress gab es nicht: "Ich will ja selbst, dass der Teekweg für Fußgänger und Radfahrer offen bleibt"; erklärte ein Ordnungshüter, selbst Borssumer, der mit seiner Familie den Deichweg regelmäßig befährt. "Fahren Sie mal mit ihren Kindern durch den Stadtverkehr. Hier ist es wenigstens sicher".

Sicherheit

Das meinte auch Horst Ebert aus Borssum, der den Radweg entlang der Bundesstraße meidet, weil der voller Schlaglöcher und viel zu schmal ist. Hier auf dem Teeekabfuhrweg kann man sich dagegen noch wie ein Ostfriese fühlen, mit Blick auf dem Dollart. Doch damit soll jetzt Schluss sein, denn die drei Testjahre, in denen der Teekabfuhrweg auf vier Kilometer Länge für öffentliche Nutzung freigegeben war, sind um. Jetzt sollen sich Gans und Co. zwischen 1. Oktober und 15. Juli wieder ungestört im Deichvorland tummeln.

Völlig absurd?

"Die Schließung ist völlig absurd", kommentierte Gerd Fischer, Vorsitzender der Bürgerinitiative für die Öffnung des Teekabfuhrweges, in seiner Rede vor den rund 200 Demonstranten die von Naturschützern geforderte Schließung. "Insgesamt 12000 Menschen sind von Borssum bis Oldersum von dem Betretungsverbot betroffen"; so Fischer.

Knackpunkt ist für Fischer die zehn Jahre alte Streitfrage, ob der Teekabfuhrweg schon zum Deichvorland gehört oder doch zum Deichkörper. Gehört er zum Deich, darf er nach Meinung der Bürgerinitiative benutzt werden, ist er schon Teil des Vorlandes, gehört er nach Meinung der Naturschützer den Gänsen. "Er gehört eindeutig zum Deichkörper. Völlig absurd ist auch, dass man einen Meter daneben entlang gehen darf. Und genau das löst Wut bei den Leuten aus", sagt Fischer und lobte besonders Emdens Oberbürgermeister Alwin Brinkmann, der den Weg trotz Ablauf der Sperrfrist am 1. Oktober weiter öffnen will. "Das ist einfach sensationell", freute sich Fischer über den OB-Vorstoß.

Unterstützung haben auch die CDU unter Reinhard Hegewald und Hans-Werner Jannssen oder die FDP unter Erich Bolinius bereits signalisiert. "Wir sind mit dem Herzen dabei", sagt Hegewald. "Nur die SPD habe noch nicht Farbe bekannt", ärgert sich Fischer. Fraktionschef Hans-Dieter Haase habe keine klare Position bezogen, als er sagte, er glaube, es werde Wege geben, den Belangen der Anwohner wie denen des Naturschutzes ausreichend Rechnung zu tragen. "Ein erstes Signal aus Hannover ist jedenfalls positiv", rief Fischer den Demonstranten zu.

Vernünftiger Rahmen

Von den Befürwortern der Sperrung ließ sich am Sonnabend keiner blicken: Immer wieder ging hier und da der Blick in die Runde, ob sich vielleicht der Widdelswehrster Eilert Voss oder sogar der Grünen-Ratsherr Bernd Renken blicken lassen. "Ist auch besser so", meinte ein alter Petkumer. Hermann Schleusener (64) zog scherzhaft den Gang durch die Institutionen vor: "Ich beantrage eine Schutzzone für Menschen hinter dem Deich", meinte er.

Der Grünen-Ratsherr Bernd Renken machte indessen auf Nachfrage deutlich, dass er auf der Kundgebung sicher fehl am Platz gewesen wäre und eine "Gegen-Demo" sei sowieso überflüssig: "Ich bin ja auch für die Öffnung, aber in vernünftigem Rahmen." Laut eines FFH-Gutachtesn (Flora-Fauna-Habitat) sei das Deichvorland der Ems eines der letzten Refugien für Wildvögel. Damit Natur und Mensch zu ihrem Recht kommen, müsse der Weg während der Brut- und Rastzeit geschlossen werden. "Alles andere würde das Vogelschutzgebiet erheblich beinträchtigen", so Renken.

Schönste Monate

Das kommt für die Befürworter der ganzjährigen Öffnung nicht in Frage, so Fischer: "Das sind doch die schönsten Monate im Jahr, in denen man da spazieren kann." Nicht verstehen könnend die Protestler auch, dass vor zehn Jahren die Bauern noch ihre Kühe im Deichvorland grasen lassen durften. Und noch erscheint unverständlich: Das Ems-Sperrwerk wurde gerammt "das die Tassen in den Schränken klapperten", die Deiche würden regelmäßig bearbeitet, es herrschte Fahrverkehr auf der Ems, darunter immer mal wieder die Ozeanriesen der Meyer-Werft. "Die Gegend hier ist doch durch und durch industrialisiert. Wie kann man da nur von einer Schutzzone sprechen, in der Menschen nichts zu suchen haben."

Ostfriesen Zeitung 02.10.2006:

Gänse schnattern lauter als Demonstranten

Von Heiko Müller

STREIT Impressionen von der Protestaktion für die ganzjährige Öffnung des Teekabfuhrwegs in Petkum

Knapp 200 Bewohner aus dem Süden Emdens versammelten sich am Sonnabend beim Fähranleger. Es werden auch Unterschriften gesammelt.

Emden - Keine Spruchbänder, keine skandierende Menge: Kaum etwas deutet auf eine Demo hin. Allenfalls die Ordnerbinden, die sich einige Leute vom Bürgerverein Petkum übergestreift haben, geben einen Hinweis darauf, dass hier etwas in Unordnung geraten könnte. Aber die Szenerie mutet eher idyllisch an. Knapp 200 Bewohner aus Petkum, Widdelswehr, Jarssum und Borssum versammeln sich in der herbstlichen Abenddämmerung am Fähranleger in Petkum. Die Gänse schnattern in der untergehenden Sonne. Die Leute auch.

Was auf den ersten Blick aussieht wie ein Nachbarschaftstreffen, ist eine Demonstration für die Freiheit. Nämlich die Freiheit, das ganze Jahr über auf dem Teekabfuhrweg zwischen Jarssum und Gandersum spazieren und radfahren zu können.

Dieser Wunsch vereint an diesem Abend alle. Deshalb sind sie die meisten auch mit dem Rad oder zu Fuß über den Teekweg gekommen: demonstrativ. "Es ist nicht eine einzige Gans aufgeflogen", sagt der Widdelswehrster Willi Janssen bei seiner Ankunft am Fähranleger. "Die fliegen nur auf, wen Eilert Voß kommt", spottet ein anderer. Der Name von Eilert Voß fällt häufig. Den Naturschützer, der selbst hinterm Deich in Widdelswehr wohnt und erbittert gegen die Freigabe des Teekwegs kämpft, haben die Demonstranten zum Feind auserkoren. Einige hoffen, dass Voß sich sehen lässt. Sie würden ihm gerne ihre Meinung geigen. Doch Voß tut ihnen den Gefallen nicht. Vermutlich hätten sonst auch die Ordner etwas zu tun bekommen.

Länger als eine Stunde verharren die "Demonstranten" in Gruppen und Grüppchen am Fähranleger. Darunter haben sich auch Kommunalpolitiker von CDU und FDP gemischt, um sich auf die Seite der Bürger zu stellen: demonstrativ. Zwei Liberalen wird das Warten zu lang. Sie gönnen sich zwischendurch ein Bierchen im Café "Kuhstall". Unterdessen bekommt die Demo am Deich auch geistlichen Beistand: Der Petkumer Pastor Gotthard Schade erscheint mit schwarzer Krawatte und trägt sich in die Unterschriftenlisten ein. Er tue das als Privatmann, der gern am Deich spazieren geht, sagt der Gottesmann leicht verschämt. Er habe das Gefühl, "dass die Vögel dadurch nicht gestört werden". Unterschriften werden auch an den Deichzugängen gesammelt. Karl-Heinz Willems und dessen Frau Helga Willems-Barghoorn aus der Schöpfwerkstraße in Borssum haben es in zwei Tagen auf 250 Unterzeichner gebracht. "Auch zwei Amerikaner waren dabei", verkünden sie stolz.

Langsam zieht sich die Dunkelheit über das Deichvorland. Die Gänse werden lauter. "Die lachen sich tot", meint jemand. Einige Leute werden ungeduldig, gehen wieder nach Hause.

Gerhard Fischer, Vorsitzender des Bürgervereins Petkum und Organisator der Demo, beginnt eine Viertelstunde früher als geplant mit der so genannten Kundgebung. Ausgerüstet ist er mit einem Notenständer und einem Megaphon. Mit einer Taschenlampe liest er die Forderungen von seinem Redemanuskript ab. Die Argumente sind bekannt. Applaus gibt es, wenn er gegen "die radikalen Natürschützer" wettert. Und die Gänse schnattern weiter.

Dann zünden die Demonstranten Gartenfackeln an, um auf dem Teekweg auch optisch ein Zeichen zu setzen. Jemand fühlt sich an Martini erinnert. Ein anderer Petkumer klemmt sich drei Fackeln unter den Arm: "Einmal wird noch gegrillt", sagt er und macht sich auf den Heimweg.

Ostfriesen Zeitung 30.09.2006:

Auf Teekweg weht Wind von allen Seiten

Von Heike Rohlfs-Jacobs

POLITIK Petkumer veranstalten heute eine Demonstration und eine Unterschriftensammlung

Der Bürgerverein will die ganzjährige Öffnung. Die Naturschützer laufen dagegen Sturm.

Emden - Der Teekabfuhrweg im Naturschutzgebiet Petkumer Deichvorland liegt am Wasser. Deshalb ist er sehr beliebt bei den Menschen, die dort gerne spazierengehen oder mit dem Rad fahren. Vögel sind auch gerne im Deichvorland, weil sie dort relativ ungestört brüten oder rasten können. "Menschen und Vögel vertragen sich nicht", meinen die Naturschützer. Sie stellen sich natürlich auf die Seite der Vögel und wollen Menschen fernhalten. Die Petkumer finden dagegen, dass auch Menschen ein Recht haben, Natur zu genießen. Und so beharken sich beide Gruppen seit Jahren. Vorläufiger Höhepunkt der Auseinandersetzung ist eine Demonstration, die der Petkumer Bürgerverein heute Abend auf dem Teekweg veranstaltet.

Drei Jahre dauerte eine Testphase, in der der Teekabfuhrweg jeweils vom 15. Juli bis zum 30. September geöffnet wurde. Sie endet heute Abend, zur Freude der Naturschützer und zum Ärger der Petkumer. Letztere wollen nun, dass der Teekweg auch nach Ende der Testphase geöffnet bleibt und zwar sogar ganzjährig. Dafür wollen sie heute demonstrieren.

Naturschützer und Grüne haben sich über die geplante Aktion schon ziemlich aufgeregt. Zusätzliches Öl goss der Emder Oberbürgermeister Alwin Brinkmann Mitte der Woche ins Feuer. Er kündigte in einem Schreiben an das Niedersächsische Umweltministerium an, den Weg nicht, wie geplant, nach Ende der Testphase zu schließen, sondern vorerst geöffnet zu halten. Eine erste Reaktion aus dem Ministerium war positiv.

Der Wattenrat Ostfriesland erwägt jetzt trotz des "Wohlwollens" in Hannover, Fachaufsichtsbeschwerde gegen Brinkmann als Hauptverwaltungsbeamten der Stadt Emden einzuleiten und ihn wegen Rechtsbeugung anzuzeigen. Ähnlich sieht das der Emder Grünen-Sprecher Bernd Renken: "Uns stellt sich die Frage, ob der Oberbürgermeister die Bürger nicht indirekt dazu aufruft, gegen die Naturschutzverordnung zu verstoßen."

In dieser Richtung sollten die Grünen sich mal schön zurückhalten, entgegnet wiederum CDU-Ratsherr Helmut Bongartz. "Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Grünen die Bürger zum verbotswidrigen Baden im Uphuser Meer aufgerufen haben."

Und so wird weiterhin viel Wind gemacht um den Teekabfuhrweg. Er weht von allen Seiten und bläst Petkumern und Naturschützern gleichermaßen ins Gesicht. Die Demonstration beginnt heute um 18.Uhr auf dem Teekweg zwischen Borssumer Siel und Emssperrwerk. Außerdem werden Unterschriften gesammelt. 250 Fackeln sollen entzündet werden. Eine Kundgebung ist ab 19.45.Uhr beim Petkumer Fähranleger.

 
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