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Vogelgrippe - Spekulationen und Fakten

Vogelgrippe auf Rügen: Spekulationen und Fakten über ein Phänomen

Und dann ist da noch das Friedrich-Löffler-Institut, eine Einrichtung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, ansässig auf der kleinen Insel Riems im Greifswalder Bodden vor Rügen. Dienstherr ist Minister Seehofer. Die bunkern seit vielen Jahren u.a. auch H5N1-Virenstämme zu Forschungszwecken. Zu DDR-Zeiten wurde Riems die "Seuchen-Insel". genannt. Wer mehr lesen möchte, findet dazu bei Mathias Bröckers den Artikel Der Vogelgrippe-Hype. Die Spekulation besagt, dass möglicher Weise H5N1-Viren aus dem Institut ausbüxten. Der Fundort der ersten toten Schwäne ist nur einige Kilometer Luftlinie vom Institut entfernt.

Die "Netzeitung" berichtete 2005 ausführlich über das Institut. Der komplette Artikel "Riemser Wissenschaftler erforschen Vogelgrippe" ist hier zu finden.

Wir zitieren aus der Netzeitung vom 26. Okt. 2005:

"Hinter den Riemser Zäunen sind Erreger der Vogelgrippe, einschließlich des Subtyps H5N1, bereits seit langem präsent. Die hoch gesicherte Virusbank enthält rund 500 Virusstämme und -isolate von Rind, Schaf, Schwein oder Geflügel. Erst vor kurzem hatten die Forscher für die Tests mit einem neuartigen Marker-Impfstoff in den institutseigenen Hochsicherheitsställen Hühner künstlich mit hoch pathogenen Vertretern des Erregers infiziert."

Rügen, Insel Liebitz im Kubitzer Bodden: Jeder weiße Punkt ein Schwan Foto: Wattenrat

Jeder, der die Boddenlandschaft kennt, weiß um die vielen Schwäne und auch um die vielen natürlichen Totfunde in jedem Jahr. Hunger, Kälte und Parasiten raffen in jedem Winter hunderte von Schwänen dahin, die dann in unzugäglichen Schilfgebieten angefressen werden und vergammeln. Der unbedarften und weitgehend naturentfremdeten Fernsehöffentlichkeit werden diese Bilder als einmalige "Katastrophe" vorgegaukelt.

Der Leiter des Instituts für Vogelforschung in Wilhelmshaven, Prof. Franz Bairlein, hält es für möglich, dass das Virus schon seit Monaten auf Rügen vorhanden ist und nicht erst vor kurzem eingeschleppt wurde.

Wir zitieren aus dem Anzeiger für Harlingerland, Wittmund 24.02.2006:

Erreger schon länger in Deutschland

VOGELGRIPPE Wilhelmshavener Forscher schließt zeitnahe Einschleppung des H5N1 Virus aus

Singschwäne sollen das Virus übertragen haben, meint Minister Seehofer. Doch diese Zugvögel sind bereits seit Monaten bei uns.

VON OLAF REICHERT, REDAKTION BERLIN

BERLIN/WILHELMSHAVEN - Hunderte tote Wildvögel haben Helfer an den Küsten der Insel Rügen in den vergangenen Tagen eingesammelt. Das sichtbarste Zeichen dafür, dass die Vogelgrippe Deutschland mit voller Wucht getroffen hat - so scheint es. Doch nun werden erhebliche Zweifel an der These des Bundeslandwirtschaftsministers Horst Seehofer (CSU) geäußert, dass das gefährliche Virus erst vor einer Woche vermutlich von ziehenden Singschwänen auf die Ostseeinsel gebracht wurde. "Diese Annahme ist schlicht falsch", erklärt Franz Bairlein, Direktor des Instituts für Vogelkunde in Wilhelmshaven. "Die Singschwäne sind bereits im vergangenen Herbst zu uns gekommen. Aktuell haben wir kein Vogelzuggeschehen, das Rügen mit den bisher bekannten Gebieten, in denen Vogelgrippe ausgebrochen ist, in Verbindung bringt." Seine These: Sollten tatsächlich Zugvögel den Erreger eingeschleppt haben, tragen ihn die Wildvögel auf Rügen bereits seit Monaten in sich.

Auch die jüngst an der Rügener Küste zu hunderten tot aufgefundenen Höckerschwäne (diese werden nicht zu den Zugvögeln gezählt) sind nach Bairleins Einschätzung kein Beweis dafür, dass das Virus frisch eingeschleppt wurde. "Im Vergleich zu den Vorjahren haben wir auf Rügen eine normale Sterblichkeit", erklärt der Zoologe. Jährlich würden dort bis zu 50 Prozent der Population an jungen Höckerschwänen von insgesamt rund 1200 Tieren nach dem Winter an Entkräftung und Nahrungsmangel sterben. "Das ist für Vogelkundler ein normales Bild." Obwohl bei einigen Dutzend verendeter Schwäne der Vogelgrippe-Erreger nachgewiesen worden sei, könne deshalb nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass das Virus zum Tod der Tiere geführt hat: "Tote Schwäne hat es auf Rügen zu dieser Zeit in dieser Menge immer gegeben, sie wurden zuvor nur nicht untersucht. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Wasservögel das Virus in sich tragen können, ohne zu erkranken."

Hat die Vogelgrippe Deutschland also bereits vor Monaten erreicht, ohne dass wir es wussten? Bairlein hält es für möglich. Schließlich gebe es vom Vogelgrippe-Erreger H5N1 eine weniger aggressive Form, die bei infizierten Tieren nicht so schnell zum Ausbruch der Krankheit führe. Auch Bairlein erwartet, dass sich die Vogelgrippe weiter ausbreiten wird, mehr noch: "Wir bekommen das Virus aus unserem Wildvogelbeständen nicht mehr raus. Deshalb müssen wir Menschen lernen, damit umzugehen." Panik sei dabei der schlechteste Ratgeber. Bei allen offenen Fragen sei aber eine Sache klar, so der Experte. "Das größte Risiko, dass das Virus in Ställe gelangt oder sogar Menschen erkranken, geht vom Menschen selber aus."

 
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